Cassandra Crossing

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  • Titel: Cassandra Crossing, Farbe, Deutschland/Italien 1976
  • Genre: Thriller
  • Regie: George P. Cosmatos
  • Stars: Sophia Loren, Richard Harris, Burt Lancaster, Ava Gardner, O.J. Simpson

Rezensent: Moritz Gretzschel


Handlung

Ein schwedischer Terrorist infiziert sich bei einem Anschlag auf das WHO-Gebäude in Genf mit Lungenpest und flieht mit dem Zug in Richtung Stockholm, während sich die Krankheit unter den Fahrgästen weiter ausbreitet. Das amerikanische Militär läßt, um seine zugrundeliegenden Versuche mit Biowaffen zu vertuschen, den Zug unter Quarantäne stellen und in ein vermeintliches Isolierungslager in Polen umleiten. Ein paar beherzte Fahrgäste erkennen, daß die Route absichtlich über die längst stillgelegte und akkut einsturzgefährdete riesige "Cassandra"-Brücke führt und versuchen verzweifelt, den Zug vorher zu stoppen. Dies gelingt jedoch nur mit einem Teil des Zuges.

Bahnbezug

Von der kurzen Einleitung im WHO-Gebäude abgesehen spielt der gesamte Film im "Europa-Expreß" mit fiktiver ursprünglicher Fahrtroute Genf-Basel-Paris-Brüssel-Amsterdam-Kopenhagen-Stockholm, ab Basel über Nürnberg nach Polen ("Cassandra-Schlucht", Janov) umgeleitet.

Anhand des Rollmaterial lassen sich drei unterschiedliche Drehorte unterscheiden: Der erste Teil in der Schweiz ist noch halbwegs authentisch, als Zuglok dient eine Re 4/4 II der SBB. Gröbster Patzer in diesem Teil ist wohl die Übernahme eines infizierten Hundes durch einen Helikopter vom fahrenden Zug aus, was nur durch Ignorierung der Oberleitung möglich wird. In dieser Sequenz fährt die Re 4/4 II abgebügelt (wahrsch. mit Dieselschub) auf einer nicht elektrifizierten Strecke. Das nächtliche Versiegeln des Zuges in "Nürnberg" wurde hingegen in Italien gefilmt: Die einfahrende Schweizer Ellok (die in Realität aufgrund abweichender Stromabnehmer eh nicht bis Deutschland hätte fahren können) wird hier von einer italienischen Gelenklok (verm. Baureihe E 645 oder E 646) gedoubelt, die durch Anstrich und Frontwappen auf Schweizerisch maskiert ist. Zuglok bei Ausfahrt ist dann eine italienische Dieselrangierlok Baureihe D 143. Ab hier bis zur Brücke in "Polen" ist der Zug mit einer französischen Diesellok Baureihe BB 66000 bespannt. Die Brücke selbst ist unverkennbar der Viaduc de Garabit bei St Flour, ein berühmtes Meisterwerk Gustave Eiffels. Interessante sichtbare Details sind die bogenförmigen Fahrleitungsportale auf der Brücke sowie die vollwindschiefe Kettenwerkbauart unmittelbar davor. Freilich kam beim Einsturz der Brücke ein Modell zum Einsatz, wenngleich ein recht detalliertes. Man hat schon weitaus schlimmere Modellaufnahmen gesehen. Die Garabit-Brücke steht jedenfalls weiterhin.

Zum Finale hin häufen sich die unhaltbaren Fehler inflationär: Weder scheinen Notbremsen noch eine durchgehende Druckluftbremse zu existieren, selbst der abgetrennte Zugteil muß nach der Zugtrennung mit einer Handbremse gestoppt werden (oder ist der ganze Wagenzug mit entlüfteten Bremsen angenommen? Dann wäre aber die kleine Diesellok bremstechnisch etwas überfordert gewesen). Völlig realitätsfern auch das Abkuppeln, wozu durch Sprengung des Speisewagens zuerst eine mysteriöse zentrale Kupplungselektronik, die nur unter dem Speisewagen zu finden sei, unbrauchbar gemacht werden müsse... Ausgerechnet Burt Lancaster hatte doch schon 12 Jahre zuvor in Frankenheimers "Der Zug" mustergültig vorgeführt, wie sachlich richtiges Aushängen von Schraubenkupplungen während der Fahrt auch real funktioniert.


Fazit

Obwohl der Film nicht gewisser Spannung entbehrt, wurde hier einmal mehr der Fehler begangen, eine mit unterforderten Weltstars überreich gespickte Besetzung und einen gigantischer Etat für eine fehlerstrotzende und unlogische Handlung zu verpulvern. Letztendlich läuft es wieder einmal auf das alte Lieblingsthema der Filmindustrie hinaus, daß ein der sicherer Katastrophe entgegenfahrender Zug (diesmal von innen) nicht zu stoppen sei. Mit nur etwas sorgfältiger Fachberatung wäre sicher ein immer noch spannender, aber ungleich glaubhafterer Film herausgekommen.


Subjektive Bewertung (von 1 bis 5)

Film insgesamt: *

Menge an Bahnszenen: *****

Qualität der Bahnszenen: **