Allgemeine Anmerkungen zu Meßgeräten
Inhaltsverzeichnis
Zum Gebrauch von Meßgeräten
Meßgeräte gibt es sowohl in analogen als auch digitalen Ausführungen. In der Modellbahn kommen sie oft erst dann zum Einsatz, wenn Fehlfunktionen auftreten, oder der Betreiber die Hintergründe des Betriebs bzw. der Funktion ergründen will. Andererseits liest man oft Angaben zu Abmessungen, deren Genauigkeit in ihrer Relevanz für den Betrieb fragwürdig erscheinen kann.
In erster Linie sind für den Modellbahner Meßgeräte elektrischer Kennwerte von Interesse: Spannung, Strom, Widerstand, Frequenz. Daneben gibt es noch Spezialgeräte zur Messung elektrischer Leistungen, Kapazitäten, Induktivitäten und weitere. In den meisten Fällen wird man sich mit den ersten vier genannten Größen begnügen.
Anhänger maßstabsgerechter Umsetzung benutzen bevorzugt mechanische Meßgeräte: Schiebelehre und/oder Mikrometerschraube. Ferner werden noch Geschwindigkeitsmesser, Uhren, und gelegentlich auch Temperaturfühler eingesetzt. Die Vielzahl unterschiedlicher Geräte macht eine kurze Betrachtung der Meßwerte und -geräte notwendig. Weitere Informationen zu Meßgeräten finden sich in Schul-/Lehrbüchern der Physik oder Elektrotechnik.
Bei bestimmten Messungen beeinflussen die Meßgeräte selbst die Messung. Beispiel: Bei einer Strommessung fällt über dem Meßgerät eine geringe Spannung ab. Dadurch verringert sich entsprechend die Spannung an dem zu messenden Objekt, so daß sich u. U. auch der Strom durch das Meßobjekt ändert. Der Artikel Physikalische Größen gibt zu der Messung einzelner Größen Hinweise.
Vor Benutzung von Meßgeräten unbedingt die Bedienungsanleitung durchlesen oder eine Fachkraft dazu befragen!
Analoge Meßgeräte
Unter der Bezeichnung "analog" sind Meßgeräte zu verstehen, welche ohne komplizierte, elektronische Hilfs- und Anzeigemittel auskommen. Manchmal sind Diese auch stromlos betreibbar. Als Beispiele mögen hier Thermometer und sog. "Drehspulvoltmeter" genannt sein. Eine Messung mit diesen Geräten erfolgt sehr einfach nach der spezifischen Anleitung. Erhaltene Werte werden an der Skala entsprechend abgelesen und notiert. Beispiele: 25 °C; 1,5 V; 151 mm; 45,3 s. Diese Werte sind Anhaltspunkte; eine Aussagekraft habe sie nur dann, wenn die Genauigkeit bekannt ist. Letztere ist oft in der Anleitung angegeben (z.B. Klasse 1.5 mit der Bedeutung +/- 1,5% vom abgelesenen Wert) oder sie muß abgeschätzt werden (halbe, kleinste Skaleneinteilung). Beispiele:
- Thermometer mit Skalaeinteilung von 1 °C, daher wäre oben genannter Meßwert (25 +/- 0,5) °C
- Drehspulvoltmeter mit Skaleneinteilung von 0,1 V; obiger Meßwert folglich: (1,5 +/- 0,05) V
- Zollstöcke sind in mm unterteilt. Also ist der Meßwert als (151 +/- 0,5) mm zu notieren
- analoge Stopuhren gehen auf 0,1 s genau. Folglich ist obige Angabe zu schreiben als (45,3 +/- 0,05 s)
Die auf diese Weise ermittelte Genauigkeit (sie ist auch als Fehlergrenze zu betrachten) ist in absoluten Werten, also mit der selben Einheit des eigentlichen Meßwerts angegeben. Nun sind oft nicht die absoluten, sondern die relativen Fehler (in % vom Meßwert) von Interesse. Daher rechne man in obigen drei Beispielen den relativen Fehler aus (2%, 3,3%, 0,33% und 0,11%).
Digitale Meßgeräte
Mit digitalen Meßgeräten kann eine höhere Genauigkeit erreicht werden, doch sind auch diese Art von Meßgeräten nicht fehlerfrei. Bei den meisten Geräten ist der relative Fehler in der Anleitung angegeben. An unseren Beispielen folgende Angaben in % für digitale Meßgeräte: Thermometer 1; Voltmeter 1,5; Laserzollstock 1 und Digitalstopuhr 1. Daneben werden auch Angaben zur "Auflösung" gemacht, mit der die Meßwerte abgelesen werden können: Thermometer 0,1 °C; Voltmeter 0,01 V; Laserzollstock 0,1 mm und Stopuhr 0,01 s. Diese Angaben sind nur dann sinnvoll, wenn die relativen Fehler einen kleineren, absoluten Wert ergeben als die Auflösung. Man rechne dies an obigen Beispielen aus! Zusätzlich zu den angegebenen relativen Fehlern, werden in den meisten Fällen noch die sog. "Digitalstellenfehler" in Einheiten der kleinsten Anzeigeeinheit angegeben. Wieder an unseren Beispielen: Thermometer +/-10; Voltmeter +/-2; Zollstock +/-5; Stopuhr +/-1. (man rechne den rel. Fehler aus!). Als gesamter, relativer Fehler des digitalen Meßgeräts wird die Summe aus angegebenem rel. Fehler und Digitalstellenfehler betrachtet. In unserem Fall sind dies
- Thermometer (1 + 4)% = 5% (also +/- 1,25°C) bei Angaben in Kelvin sind dies +/- 3 K!
- Voltmeter (1,5 + 1,3)% = 2,8% (also +/- 0,048 V)
- Zollstock (1 + 0,33)% = 1,33% (also +/- 2 mm)
- Stopuhr (1 + 0,02)% = 1,02% (also +/- 0,46 s)
Man vergleiche mit den relativen Fehlern bei analogen Meßgeräten!
Angabe von Meßwerten
Jeder Meßwert sollte auf folgende Weisen angegeben werden: (Meßwert +/- absoluter Fehler) Einheit oder (Meßwert Einheit) +/- relativer Fehler %. Dabei sind noch ein paar Dinge zu beachten:
- Angaben zu Nachkommastellen sind nur bis max 1/10 der Fehlergrenze sinnvoll: 20,0 V +/- 5% und nicht 20,03 V +/- 5%
- Nur angeben, was man auch mißt: 0,01 A und nicht 10 mA
- Meßwerte bis zur Fehlergrenze auch angeben (also nicht vorher runden): 215 mA +/- 3% und nicht 220 mA +/- 3%
- Bei Summen/Differenzen sind Anteile <5%, bei genaueren Messungen <1%, manchmal auch <0,1% vernachlässigbar und brauchen nicht angegeben zu werden
- Messungen mit rel. Fehlern >10% sind bedenklich, >30% sinnlos z.B.: (0,01 +/- 0,01) A
- unterschiedliche Einzelmeßwerte mit sich überschneidenden Fehlergrenzen sind gleichwertig: (7,5 +/- 0,5) V und (8,3 +/- 0,6) V
- Bei Meßreihen spielen überschneidende Fehlergrenzen nur in der Auswertung eine Rolle, daher die genauen Werte angeben!
Ein Einhalten dieser Empfehlungen kann mitunter schwierig sein, vor allem wenn aus mehreren Meßgrößen berechnete mit direkt gemessenen Werten verglichen werden sollen. Hier helfen folgende Angaben:
- Bei Summen und Differenzen addieren sich die absoluten Fehler. Dies wird besonders bei Differenzen zweier großer Werte kritisch: z.B.: (1673 +/- 10)mm - (1468 +/- 10)mm = (205 +/- 20)mm. Man rechne den relativen Fehler aus!
- Bei Produkten und Quotienten addieren sich die relativen Fehler quadratisch. Beispiel: Messung der Geschwindigkeit direkt und indirekt.
- Direkt mit Hilfe eines Tachowagens, Auflösung 1 km/h (hochgerechnet auf das Original im Maßstab 1:87), Werte 100 km/h und 10 km/h. Der relative Fehler entspricht hier 1% bzw. 10%.
- Indirekt über Streckenlänge dividiert durch die Fahrtzeit, gemessen in Sekunden mit analoger Stopuhr. Strecke (1000 +/- 1)mm, Fahrtzeit: (3,1 +/- 0,05)s und (31,3 +/- 0,05)s. Die relativen Fehler sind: 0,1% für die Strecke und 1,6 bzw. 0,16% für die Fahrtzeit. Die Geschwindigkeit errechnet sich zu v = l/t, also Strecke durch Zeit. Folglich sind die Geschwindigkeiten 100km/h +/- 1,6% und 10 km/h +/- 0,19%. Man vergleiche mit den rel. Fehlern durch direkte Messung.
- An Grenzen der Meßgenauigkeit stößt man bei der Suche nach Kontaktproblemen bei bereits verlegten Schienen auf einer Anlage. Falls man nicht mit Modellen Erfahrungswerte (im wahrsten Sinne des Wortes!) hat, bleibt nur die Suche mit einem Meßgerät und eingeschaltetem Stromkreis mit angeschlossenen Verbrauchern. Bsp: 12V am Trafoausgang und 10,80-10,65V (rel. Fehler des Meßgerätes 1%) auf den Schienen. Zwei Schienen mit gemessener Spannung von 10,65 und 10,67 hatten Kontaktprobleme und verursachten ein Stehenbleiben stark belasteter Modelle, die gerade über sie fuhren.
Dieser Artikel entstammt dem Abschnitt 2 der FAQ "Wie funktioniert die Modellbahn" von Stephan-Alexander Heyn. Die vom Autor selbst gepflegte Fassung liegt unter http://www.sheyn.de/Modellbahn/FAQ/Funktion/Funktion.php.