Brücken
Ähnlich wie Tunnel sind Brücken beliebte Kunstbauten auf einer Modellbahnanlage. Abgesehen von der Notwendigkeit eines solchen Bauwerks stellt sich die Frage: Stahlfachwerk, Holz, Spannbeton oder doch ein gemauertes Viadukt? Viele Wege führen zum Ziel (btw., da oft nach dem Unterschied zwischen Viadukt und Brücke gefragt wird: Viadukt kommt aus dem Lateinischen und bedeutet schlicht "Wegführung". Landläufig bezeichnet man oft mehrbögige Brücken als Viadukt.).
Inhaltsverzeichnis
Einsatzmöglichkeiten
Brücken überspannen
- Bäche, Flüsse oder Kanäle
- Straßen
- Eisenbahnstrecken
- Täler
Sie tragen
Es gibt auch kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücken:
- mit gemeinsamer Führung (z. B. alte Grünentaler Hochbrücke, Volkacher Mainbrücke)
- mit getrennter Führung (z. B. Doppelstockbrücke Bullay)
Zum Teil wurden Brücken gebaut, weil die geologischen Untergrundverhältnisse keine andere Möglichkeit zuließen (beispielsweise in Hanglage). Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Pündericher Galerie an der Moselstrecke (Modellnachbau).
Bestandteile
Eine Brücke besteht aus:
- dem Überbau.
Zum Überbau gehören Fahrbahn, Gleise, (Kasten-)Träger u. ä. - den Widerlagern
Sie befinden sich an den Brückenenden. Sie nehmen die horizontalen Kräfte auf und leiten sie ins Erdreich ein. - Pfeiler.
Wenn die Spannweite eines Überbaus nicht ausreicht, unterstützen die Pfeiler die Brücke zwischen den Widerlagern. - Lager
Diese verbinden den Überbau mit dem Unterbau (Widerlager oder Pfeiler). Aufgrund der Längenausdehnung durch Temperatur darf z. B. bei Stahlbrücken nur eine Seite der Brücke fest mit dem Widerlager verbunden sein (Festlager). Die andere Seite wird als verschiebliches Loslager ausgeführt. Dies kann z. B. eine Stahlrolle sein, auf der die Brücke ruht. Die Brücken müssen nicht nur ihr Eigengewicht und die Last tragen, sondern auch noch Windkräfte sowie ggf. die fahrdynamischen Kräfte aufnehmen, wenn z. B. ein Zug auf der Brücke bremst oder beschleunigt. - sonstiger Ausrüstung.
Dazu gehören Geländer, Entwässerung, Gehwege, ...
Bei großen Eisenbahnbrücken z. B. über den Rhein sind z. T. Wehrtürme an den Widerlagern gebaut worden. An die eigentliche Brücke über einen Fluß können sich niedrigere und einfachere Vorfluterbrücken anschließen, die in den vom Fluß bei Hochwasser möglicherweise noch überfluteten Wiesen überbrücken. Diese können sich vom Material und von der Bauart von der Hauptbrücke unterscheiden.
Materialien
Stein/Mauerwerk
Ausführung aus Naturstein- oder Ziegel-Mauerwerk, vor allem ältere (Bogen-) Brücken. In dieser Bauweise sind nur relativ kleine Spannweiten pro Bogen möglich (bis max. 60 m), längere Brücken (Viadukte) werden aus vielen einzelnen Bögen zusammengesetzt. Mehrere Einzelbögen findet man auch bei Brücken, die (scheinbar) Kurvenform besitzen, tatsächlich sind es aber eben einzelne gerade Bögen (Beispielsweise das "kalte-Rinne-Viadukt" an der Semmering-Bahn).
Wie auch bei Tunnelen wird das Baumaterial häufig aus nahegelegenen Steinbrüchen gewonnen.
Bei Eisenbahnbrücken werden die Gleise normalerweise im Schotterbett verlegt.
Beton
Stahlbeton bzw. Spannbetonbrücken lassen sehr große Spannweiten zu. Es finden sich Spannbetonbrücken mit Spannweiten von weit über 100 m. Häufig werden damit sogenannte Talbrücken realisiert, die auf hohen Pfeilern ruhen (Beispiel: ICE-Strecke Hannover-Würzburg).
Gleise werden wie bei Steinbrücken im Schotterbett verlegt.
Btw: Stahlbeton und Spannbeton ist nicht das gleiche - beim Stahlbeton wird Stahl (Matten, Stangen) als "Bewehrung" in die Schalung eingelegt und mit Beton vergossen, bei Spannbeton wird die Stahlbewehrung vor dem Eingießen bereits unter Zug gesetzt, so dass größere Kräfte aufgenommen werden können (siehe u.a. [Wikipedia:Spannbeton]).
Während Stahlbeton oder Spannbeton auch auf Zug belastet werden darf, darf reiner Beton darf nur auf Druck belastet werden. Reiner Beton wurde früher als Stampfbeton in Bogenbrücken verwendet, bei denen nur eine Druckbelastung auftritt. Solche Brücken wurden vielfach mit einem Sichtmauerwerk aus Naturstein verblendet.
Stahl
Stahlkonstruktionen sind in der Regel als Fachwerk ausgeführt und wirken dadurch sehr filigran. Ein Fachwerk ist ein System aus Stäben, die an ihren Enden durch Gelenke miteinander verbunden sind, den sogenannten Knoten. Die Stäbe sind nur durch (mechanischen) Zug und Druck belastet, nicht jedoch durch Biegung. Fachwerke benötigen gegenüber gleichwertigen vollwandigen Brücken deutlich weniger Material.
Bei kürzeren Brückenbauwerken finden sich auch Blechträger.
Auf Stahlbrücken werden die Gleise in der Regel auf Schwellen ohne Schotter verlegt.
Holz
Holzbrücken sind in Europa kaum zu finden (am ehesten bei Schmalspur- bzw. Waldbahnen). In Amerika und Asien (?) u.a. als sogenannte "Trestle-Brücke" häufiger zu finden.
Die "Technischen Vereinbarungen des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen" haben 1865 festgelegt, daß "Hölzerne Brücken ... in Hauptbahnen nicht zu gestatten [sind]." Selbst in Nordamerika wurden nach 1875 Holzbrücken durchweg durch Eisen-, später durch Stahlbrücken ersetzt.
Bauformen
Bogenbrücke
Bogenbrücken finden sich als Stein-, Beton- oder Stahlkonstruktionen. Steinbogenbrücken benötigen einen geeigneten festen Untergrund. Sie können auch in der Vertikalen mehrgliedrig aufgebaut sein (beispielsweise Göltzschtalviadukt).
Stahlbrücken werden häufig als Parabel- oder Fischbauchträger ausgeführt. Dabei kann der Querschnitt der gekrümmten Gurte konstant gehalten werden. Die Träger können sowohl oberhalb als auch unterhalb der Fahrbahn angeordnet sein. Weit verbreitet sind auch Halbparabelträgerbrücken. Bei ihnen ist der gekrümmte Gurt so hoch angeordnet, daß er erst über dem Lichtraum der Fahrbahn beginnt. Dadurch kann die Brücke sehr gut in Querrichtung versteift werden.
Kastenbrücke
I.d.R. Stahl-Fachwerk-, manchmal auch Blechträger-Konstruktion. Die Träger können unterhalb oder oberhalb der Fahrbahn angeordnet sein. Bei Fachwerkbrücken sind die Gurte parallel zueinander angeordnet (Parallelträgerfachwerk).
Tragseilbrücke
Hier wird die Fahrbahn mittels entsprechender Seile an einem oder mehreren Pfeilern aufgehängt (z. B. Köhlbrandbrücke in Hamburg).
Durchlaß
Durchlässe sind maximal 2 m breite Brücke, unter der sich häufig Fußgängerwege oder kleine Bäche befinden. Sie bestehen oft aus einfachen Blechträgerbrücken oder Wellblechröhren.
Bewegliche Brücken
Hub-, Dreh- oder Klappbrücken werden häufig an schiffbaren Flüssen oder Kanälen eingesetzt. Die Brücke wird geöffnet, wenn ein Schiff passieren will. Der Verkehr über die Brücke muß so lange warten. Bei Eisenbahnbrücken sind die entsprechenden Deckungssignale vorzusehen.
Umsetzung ins Modell
Wie bereits einleitend angedeutet: eine Brücke sollte nur dort stehen, wo sie auch plausibel ist. Zu beachten ist auch, dass auf einer "normalen" Modellbahnanlage eigentlich nur sehr kleine Brücken möglich sind - so entsprechen Brückenmodelle in H0, die als Fertigprodukt oder Bausatz meist zwischen 20 und 40 cm messen - beim Vorbild gerade mal Längen zwischen 17 und 35 m, liegen also im Bereich einer bis 3 Wagenlängen.
Zum Vergleich: Die aus Spannbeton erstellte Pfaffenberg-Zwenbergbrücke an der Tauernbahn überspannt insgesamt 377 m, wäre also in H0 4,33 m lang...
Neben vielen Bausätzen bzw. Fertigprodukten von Brücken gibt es natürlich die Möglichkeit des kompletten Selbstbaus. Steinbrücken können aus Styrodur bzw. Gips mit gravierten Mauerstrukturen entstehen, Stahlfachwerk- bzw. Blechträgerbrücken aus Messing- oder Kunststoffprofilen. Beachtet werden sollten:
- möglichst maßstäbliche Dimensionierung der tragenden Teile
- korrekte Auflager (Dehnfugen, Roll- oder Gleitlager) bei Stahl- bzw. Stahlbetonbrücken
- Grundlagen der Statik
Besonders zu letztem Punkt werden die abenteuerlichsten Fehler gemacht, so finden sich sogar bei Zubehörherstellern tatsächlich Brückensegmente, die um die Kurve laufen, wodurch beim Befahren der Schwerpunkt ausserhalb einer Geraden zwischen den Pfeilern liegt und eine solche Brücke kaum halten würde. Auch wenn es manchmal den Anschein hat, eine Brücke würde eine Kurvenform bilden, beweist die Draufsicht das Gegenteil; eine solche Konstruktion besteht aus mehreren geraden Segmenten, die ggf. so breit sind, dass das Gleis zwar im Bogen läuft, nie aber ausserhalb der erwähnten Geraden zwischen den Stützpunkten.
Auf Brücken werden häufig Führungsschienen montiert, die entgleiste Fahrzeuge auf der Brücke halten sollen. Hierfür gibt es beim Vorbild verschiedene Varianten.